Die BiTE® Technologie: Wissenschaft made in Germany
Bereits vor über 30 Jahren entdeckten Forscher:innen, dass das körpereigene Immunsystem unter gewissen Voraussetzungen dazu in der Lage ist, bestimmte Krebsarten selbst zu heilen. Dieses Potenzial wird im Rahmen neuartiger Immuntherapien gezielt ausgenutzt. Als stärkste Waffe gelten dabei die sogenannten T-Zellen, eine Gruppe der Abwehrzellen des Immunsystems.
T-Zellen bekämpfen im Körper vor allem Viren, indem sie virusinfizierte Körperzellen entdecken und eliminieren. Auf diese Weise tragen sie dazu bei, Krankheiten vorzubeugen und zu heilen oder den Krankheitsverlauf zu verkürzen. Darüber hinaus können T-Zellen unter bestimmten Umständen auch Krebszellen erkennen und zerstören.
Wie funktioniert das?
Krebszellen entwickeln sehr häufig Mechanismen, um von den T-Zellen unerkannt zu bleiben und so der Immunantwort zu entgehen. Der Tumor wächst weiter. Um dieses Schlupfloch zu schließen, hat das Team der Amgen Research (Munich) GmbH die BiTE® (bispecific T-cell engager) Moleküle entwickelt. Ausgestattet mit zwei unterschiedlichen Bindungsarmen, fungieren BiTE® Moleküle als Adapter zwischen den T- und den Krebszellen, indem sie mit einem Arm an die T-Zellen und mit dem anderen Arm an die Tumorzelle binden. Mithilfe dieser Verbindung sind die T-Zellen in der Lage, zuvor unerkannte Krebszellen zu erkennen und zu zerstören.
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Beschreibung
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Videotranskript
Die BiTE® Technologie: Innovation in der Immunonkologie
Lernen Sie im Video, wie die BiTE® Technologie funktioniert.
Amgen hat die BiTE® (bispecific T-cell engager) Immunonkologie-Plattform mit dem Ziel entwickelt, die Behandlung von Krebs zu revolutionieren.
Das Immunsystem ist grundsätzlich in der Lage, Krebszellen durch körpereigene T-Zellen zu erkennen und zu zerstören. Die T-Zellen können die Tumorzellen anhand verschiedener Antigene ausmachen, etwa durch den MHC-Klasse-I-Komplex (Major Histocompatibility Complex) auf der Oberfläche der Krebszellen.
Doch Krebszellen können verschiedene Mechanismen entwickeln, um der Erkennung durch T-Zellen zu entgehen, damit sie überleben und weiterwachsen können. Deswegen entwickeln wir Strategien, die diesen Fluchtmechanismus von Krebszellen umgehen können.
Die BiTE® Technologie ist ein zielgerichteter immunonkologischer Ansatz. BiTE® Moleküle sind nicht auf die klassischen Erkennungsmechanismen der T-Zellen, wie die Präsenz der MHC-Klasse-I-Komplexe, angewiesen. Durch die BiTE® Technologie ist eine künstliche Veränderung der Zellen der Patient:innen nicht notwendig.
BiTE® Moleküle verbinden körpereigene T-Zellen mit Krebszellen. Sie verfügen über zwei Bindungsarme. Eine Bindungsstelle zielt auf die CD3-Rezeptoren von T-Zellen ab, während die andere an ein tumorspezifisches Antigen bindet.
Sobald BiTE® Moleküle eine T-Zelle und eine Krebszelle in unmittelbare Nähe zueinander bringen, bildet sich eine Immunsynapse. Die T-Zelle wird aktiviert und setzt Perforin und Granzyme frei.
Perforin durchlöchert die Membran der Krebszelle. Durch diese Öffnung gelangen die Granzyme in die Zelle und lösen dort den programmierten Zelltod, die Apoptose, aus.
Nach dem Auslösen der Apoptose kann eine aktivierte T-Zelle weitere Krebszellen erkennen, was zur seriellen Zerstörung vieler Tumorzellen führen kann.
Eine anhaltende Aktivierung von T-Zellen kann außerdem zum schnellen Wachstum von T-Gedächtniszellen führen.
Die BiTE® Immunonkologie-Plattform ist vielseitig einsetzbar, denn die tumorbindende Stelle kann so gestaltet werden, dass sie gezielt die charakteristischen Antigene verschiedener Krebsarten erkennt.
Derzeit erforschen wir BiTE® Moleküle für ein breites Spektrum solider und hämatologischer Tumore. Gleichzeitig wollen wir die Moleküle mit Blick auf Wirksamkeit und Nebenwirkungen weiter optimieren. So können wir durch das Hinzufügen einer Fc-Domäne die Halbwertszeit eines BiTE® Moleküls verlängern, wodurch die Infusion weniger häufig angewendet werden muss.
Die BiTE® Immunonkologie-Plattform hat das Potenzial, die Behandlung von Krebserkrankungen grundlegend zu verändern und immer mehr Patient:innen zugänglich zu machen. Mehrere BiTE® Moleküle zur Behandlung verschiedener solider und hämatologischer Tumore befinden sich derzeit in der klinischen Prüfung.
Von der Forschung bis zur Therapie: die Erfolgsgeschichte der BiTE® Technologie
Die BiTE® Technologie ist der Beweis, dass deutsche Forschung globale Maßstäbe setzen kann. Sie zeigt, was aus einer Vision, Mut und Durchhaltevermögen werden kann.
Die Anfänge in den 1990er Jahren
Eine Forschungsgruppe an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) unter Leitung von Prof. Dr. Peter Kufer, heutiger Geschäftsführer der Amgen Research (Munich) GmbH, entwickelt die BiTE® Technologie und das erste BiTE® Molekül, das Amgen 2014 zur Zulassung bringt.
2008: Nachweis der klinischen Wirksamkeit
Der Durchbruch gelingt Prof. Dr. Peter Kufer und Prof. Dr. Ralf Bargou (Julius-Maximilians-Universität Würzburg) gemeinsam mit einem Team der Münchener Micromet GmbH, einer Ausgründung der Universität München, und weiteren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Sie konnten zeigen, dass ein BiTE® Molekül bei Krebspatient:innen klinisch sehr wirksam ist.
2012 - 2015: Übernahme durch Amgen und erste Arzneimittelzulassung
Die Amgen Research (Munich) GmbH (ARM) entsteht 2012 aus der Übernahme der Micromet GmbH durch Amgen. Amgen führt die BiTE® Technologie zur Marktreife und stellt Patientinnen und Patienten eine innovative Therapie zur Verfügung: 2014 kommt das erste BiTE® Molekül in den USA auf den Markt, 2015 folgt die Zulassung in der EU. Es wird heute zur Behandlung der B-ALL, einer Form der akuten Leukämie, bei Erwachsenen und Kindern eingesetzt.
2015 – 2024 Durchbruch bei einem soliden Tumor
Als Teil von Amgen ist die Amgen Research (Munich) GmbH maßgeblich an der Weiterentwicklung der BiTE® Technologie beteiligt und schafft den Durchbruch zur Behandlung eines soliden Tumors.
2024 erhält ein BiTE® Molekül zur Behandlung eines soliden Tumors die Zulassung in den USA.
Das Potenzial ausweiten: Aktuell...
… forscht das Team der Amgen Research (Munich) GmbH an der Entwicklung von BiTE® Molekülen, die gleichzeitig an zwei verschiedenen Zielstrukturen auf der Tumorzelloberfläche andocken können, um auch bei vielen anderen soliden Tumoren Krebszellen präzise zu attackieren, wo dies mit nur einer Zielstruktur schwierig ist.
Ziel ist es, den Durchbruch der BiTE® Technologie bei soliden Tumoren auf möglichst viele verschiedene Krebserkrankungen auszuweiten.

